Was ist Familie? – Definition und Merkmale, auf den Punkt gebracht

Wir alle haben eine konkrete Vorstellung von dem Begriff “Familie” – doch stimmt diese Vorstellung überhaupt? Treten wir einen Schritt zurück und bringen es auf den Punkt: ist Familie nicht nur Mutter-Vater-Kind? Und wozu brauchen wir die Familie eigentlich? 

Eine Familie, bestehend aus Mutter, Vater, Kindern

Was ist eine Familie?

Als Familie bezeichnet man Menschen, die miteinander in höchstpersönlicher Beziehung stehen. Dabei kann es sich um Verwandtschaftsverhältnisse biologischer Art handeln, bei der die Beteiligten durch Geburt miteinander verbunden sind oder um soziale Verwandtschaft, bei der die Beziehung mehr oder weniger durch freie Wahl entstanden ist.


Familie aus rechtlicher Sicht?

Das klassische Familienmodell “Mutter Vater Kind(er)”, das sozial-gesellschaftlich  wahrscheinlich längst überholt ist, gilt im juristischen Sinne immer noch als Maßstab. Während die Ehe zwischen zwei Erwachsenen als Institution bezeichnet wird, versteht die Rechtswissenschaft die Familie als Institut.

Der Begriff meint stellvertretend, dass mehrere Rechte und Gesetze die Lebenssituation “Familie” regeln. Dazu gehören z. B. Regelungen zum Thema Unterhalt und Umgang. 

Relevante Gesetze für das Rechtsinstitut „Familie”

  • Grundgesetz Artikel 6
    • Sichert die Institutsgarantie der Familie
    • Formuliert das Schutz- und Förderungsgebot für Familien
    • Definiert die Grundlage des Elternrechts
    • Erklärt die Gleichstellung unehelicher Kinder
  • Bürgerliches Gesetzbuch, viertes Buch – Familienrecht
    • Details zur Eheschließung und zu Eheverboten
    • Details zur Eheaufhebung und Scheidung
    • Allgemeine Erklärungen zur Ehe bzgl. Lebensgemeinschaft, Besitz und Verwaltung
    • Definition von Unterhaltsansprüchen und Versorgungsausgleichen
    • Bestimmungen zur Elternsorge und Erziehungsbeauftragung
    • Erklärungen zu Beistand, Annahme, Pflegschaft und Vormundschaften

Davon ausgehend ergeben sich weitere Gesetze und Rechtsbeschlüsse, die den juristischen Rahmen für den Alltag von Familien bilden. So beispielsweise das Kinderförderungsgesetz (Kifög), welches ab 2013 einen rechtlichen Betreuungsanspruch für Kinder unter drei Jahren beschreibt. 


Was sind die Merkmale einer Familie?

Familien kennzeichnen sich durch individuelle Merkmale. Jede Familie definiert diese für sich und erzählt sich ein eigenes Narrativ.

Die Mitglieder der fiktiven Familie Wagner zum Beispiel haben alle eine sehr ähnliche Nase, vor allem die Frauen. Die Männer sind fast immer handwerklich begabt, so wie schon der Urgroßvater, der das Haus in Frankfurt baute, in dem jeden Juli das Familientreffen stattfindet. Bei der grünen Soße, die es zur Feier immer zu essen gibt, unterhält man sich im hessischen Dialekt. 

Eine Familie sitzt gemeinsam am Tisch.

Merkmale einer Familie können sein:

  • Biologische Verwandtschaft 
  • Gleicher Familienname 
  • Ein (Herkunfts-) Wohnort 
  • Gesprochener Dialekt 
  • Optische Ähnlichkeiten
  • Wirtschaftliche Verbindlichkeit 
  • Ähnliche Talente 
  • Verbindende Traditionen
  • Wiederkehrende Rituale 
  • Gemeinsame Feste

Welche Familienformen gibt es?

Die Grundform der Familie bilden mindestens zwei Personen. Dabei geht man in der Regel von einem Erwachsenen und einem zugehörigen Kind aus. 

Sind Mann und Frau eine Familie?

Reine Erwachsenen-Gruppen wie beispielsweise ein Geschwisterpaar oder verpartnerte Menschen werden lediglich als Teil einer Familie verstanden. Weder im juristischen noch im gesellschaftlichen Sinne werden zwei verwandtschaftlich verbundene Erwachsene ohne weiteren Anhang im Sinne einer Familie berücksichtigt (z. B. bei Eintrittspreisen). 

Wie groß ist eine Familie?

Wie groß eine Familie höchstens sein darf, ist theoretisch unbegrenzt. Es gibt natürliche Grenzen ob der Menge an Kindern, die eine Frau im Laufe ihres Lebens gebären kann. Statistisch gesehen erleben Frauen ihr gebärfähiges Alter zwischen 15 und 45 Jahren. Innerhalb dieser 30 Jahre können Frauen in 40 Wochen andauernden Schwangerschaften Kinder gebären.

Angeblich gab es eine Frau in Russland, die 69 Kinder gebar, darunter mehrfach Zwillinge. Die Quellen dazu sind allerdings nicht verifiziert. 


Welche Familienarten gibt es?

Neben den biologischen Faktoren tragen heute vor allem gesellschaftliche Entwicklungen dazu bei, dass Familien heute in ihrer Größe deutlich variieren. Durch Trennungen und neu eingegangene Beziehungen entstehen vermehrt Patchworkfamilien, die die Grenzen des Familienbegriffs neu definieren. Dabei können sich die Deutungen bei den Beteiligten unterscheiden. Z. B. erlebt ein Trennungskind beide Eltern als Gesamtfamilie, während sich die Expartner und -partnerinnen nicht mehr als Familie definieren. 

Diese Begriffe für Familienarten kennen wir:

  • Stieffamilie
  • Patchworkfamilie
  • Bonusfamilie
  • Ein-Kind-Familie
  • Alleinerziehende mit Kind(ern)
  • Großfamilie
  • Kernfamilie
  • Herkunftsfamilie

Wer gehört zur Familie?

Bei der Bestimmung der Familienmitglieder spielen individuelle Interpretationen über Verwandtschaftsverhältnisse und Zugehörigkeit eine große Rolle. 

Gehört das Haustier zur Familie?

Aus psychologischer Sicht wird die Bindung an ein Lebewesen als Sozialbeziehung bezeichnet, daher kann ein Haustier durchaus als Familienmitglied wahrgenommen werden. Besonders Jungtiere benötigen mitunter so viel Aufmerksamkeit wie kleine Kinder. 

Die Familie bekommt ein neues Haustier.

Rechtlich und gesellschaftlich gesehen erhält ein Paar mit Tierbabys allerdings nicht die gleichen Schutz- und Förderungsangebote wie ein Paar mit menschlichen Kindern. 

Familienmitglieder im Überblick:

Neben den klassischen Beteiligten wie Vater, Mutter, Bruder, Schwester und den Großeltern kann es folgende Familienmitglieder geben. Ich unterscheide zwischen biologischer (auch: leiblicher) und sozialer Verwandtschaft.

Onkel: Bruder der Mutter oder des Vaters (biologisch); Partner der Tante des Onkels (sozial)

Tante: Schwester der Mutter oder des Vaters (biologisch); Partner der Tante oder des Onkels (sozial)

Cousin: Sohne von Onkel oder Tante (biologisch oder sozial)

Cousine: Tochter von Onkel oder Tante (biologisch oder sozial)

Vetter: altertümlicher Begriff für Cousin (siehe Cousin)

Großcousine – auch Cousine 2. Grades: Cousine eines Elternteils (biologisch)

Großcousin – auch Cousin 2. Grades: Cousin eines Elternteils (biologisch)

Großonkel: Bruder des Großvaters oder der Großmutter (biologisch)

Großtante: Schwester des Großvaters oder der Großmutter (biologisch)

Schwager: Bruder des Partners oder der Partnerin (sozial)

Schwägerin: Schwester des Partners oder der Partnerin (sozial)

Schwippschwager: der Partner eines Geschwisterteils des eigenen Partners oder der eigenen Partnerin (sozial)

Schwippschwägerin: die Partnerin eines Geschwisterteils des eigenen Partners oder der eigenen Partnerin (sozial)

Schwiegermutter: die Mutter des Partners oder der Partnerin (sozial)

Schwiegervater: der Vater des Partners oder der Partnerin (sozial)

Schwiegersohn: der Partner des Kindes (sozial)

Schwiegertochter: die Partnerin des Kindes (sozial)

Stiefmutter / Patchworkmutter: die Partnerin eines Elternteils (wenn es sich nicht um die leibliche Mutter handelt) (sozial)

Stiefvater / Patchworkvater: der Partner eines Elternteils (wenn es sich nicht um den leiblichen Vater handelt) (sozial)

Stiefkind / Patchworkkind: Kind des Partners oder der Partnerin (sozial)

Stiefsohn / Patchworkkind: Sohn des Partners oder der Partnerin (sozial)

Stieftocher / Patchworktochter: Tochter des Partners oder der Partnerin (sozial)

Stiefbruder / Patchworkbruder: Sohn des Partners oder der Partnerin eines Elternteils; Sohn der Stiefmutter oder des Stiefvaters (sozial)

Stiefschwester / Patchworkschwester: Tochter des Partners oder der Partnerin eines Elternteils; Tochter der Stiefmutter oder des Stiefvaters (sozial)

Halbbruder: Sohn eines leiblichen Elternteils (biologisch)

Halbschwester: Tochter eines leiblichen Elternteils (biologisch)

 


Warum gibt es Familien?

Der ursprüngliche Sinn einer Familie liegt primär in der Sicherung des Fortbestandes jedes einzelnen Familienmitgliedes und auch der Familie als Ganzem. Das System bietet neben dem physischen auch den nötigen sozial-emotionalen Schutz.

Sich gegenseitig helfen und unterstützen ist somit weniger das Aufopfernd-romantische, dass wir häufig mit dem Familienbegriff assoziieren, sondern dient eigentlich der eigenen Sicherheit. Evolutionär betrachtet sind die Gefühle, die uns mit unseren Verwandten verbinden, in gewissem Sinne neurotransmittischer Klebstoff – im Prinzip der Kit, der uns zusammenhält.

Letztendlich sichert dies, dass wir nicht von Angreifern (früher z. B. wilden Tieren) attackiert werden, sondern das die Familie, in der Stärke ihrer Gemeinschaft, rettend einschreitet.


Warum gründen wir Familie?

Ein tragendes Motiv für die Gründung einer Familie mit dem Partner oder der Partnerin ist das Bedürfnis nach Bindung. Dieses psychologische Grundbedürfnis kann kaum besser befriedigt werden als durch ein eigenes Kind.

Die Familie bekommt ein neues Mitglied

Unsere neurologische und hormonelle Voraussetzung hat zur Folge, dass die Verbindung zwischen dem Säugling und den Eltern so stark ist, wie es kaum eine andere Zugehörigkeit sein kann. Als Erwachsene reinszenieren wir dies und können durch das Mutter- bzw. Vaterwerden erneut diese Bindung erleben. 


Was macht eine gute Familie aus?

Als Leitbild für eine gute Familie könnte folgende Maxime dienen: die bedingungslose Akzeptanz und die völlige Annahme jedes einzelnen Familienbeteiligten in seinen/ihren Interessen und Bedürfnissen

Die Familie gehört zu unserer Identität und hat daher große Mitwirkung am eigenen Selbstbild. Wir sind ständig bestrebt, das Bild, das wir von uns haben, mit der Erscheinung im Außen abzugleichen. Unsere Familienmitglieder sind dafür ein starker Spiegel. Es kann schwer sein, das “Anderssein” eines Familienmitgliedes hinzunehmen, da es unser Selbstbild verzehrt. 

Glücklicherweise überkommen wir immer weiter restriktive Auffassungen und öffnen uns für plurale Lebensentwürfe. So kann eine “gute” Familie heute sein, was sie möchte.